Nachhaltigkeit

 Nachhaltigkeit

Das sind Österreichs zehn grüne Fabriken

Einige wenige Produktionsbetriebe stechen bei der Nachhaltigkeit aus der Masse heraus. Welche Unternehmen bei der Ressourcenschonung schon heute in einer eigenen Liga spielen – und wie sie das tun.

Werk Lenzing © FRANZ NEUMAYR

1. Lenzing AG, Werk Lenzing: Die Rating-Kaiser
Durch Schwefelwiederaufbereitung senkt der Faserhersteller die CO2-Emissionen jährlich um weitere 15.000 Tonnen.

Es war ein Schlüsselmoment für Lenzing-CEO Stefan Doboczky 2019: Die Verleihung des Gold-Status im Bereich CSR durch einen führenden Anbieter von Nachhaltigkeitsbewertungen. Das Rating für Lieferanten reihte Lenzing auf Basis bewerteter CSR-Indikatoren in den Bereichen Umwelt, Arbeitspraxis, Ethik und nachhaltige Beschaffung in den Top-1-Prozent aller Unternehmen der Branche ein. Bis 2030 werden spezifische CO2-Emissionen pro Tonne produziertem Zellstoff und Fasern um 50 Prozent gesenkt. Bis 2050 wird die Lenzing-Gruppe netto kein CO2 mehr emittieren. Sichtbar wird das Engagement etwa am Standort Lenzing. Dort investierte man 40 Millionen Euro in die weitere Verbesserung des ökologischen Fußabdrucks – etwa durch die Ausweitung der Produktion von Schwefelsäure. Mit einer neuen Luftreinigungs- und Schwefelwiederaufbereitungsanlage wird in Zukunft nicht nur die Eigenversorgung für den Rohstoff optimiert und die Prozesssicherheit erhöht, es wird auch in einer klaren Vorwärtsstrategie der Schutz der Umwelt priorisiert. Pro Jahr werden so zusätzlich ca. 15.000 Tonnen CO2 weniger emittiert.

Platz für die nächste Energiesparchip-Generation von Infineon: Sabine Herlitschka mit Andreas Wittmann, Projektverantwortlicher für den Bau der neuen Chipfabrik in Villach
White Paper zum Thema © Infineon

2. Infineon, Werk Villach: Die Investitionsfreudigen
Mit der neuen Halbleiterfabrik verfolgt Infineon Villach nachhaltige Konzepte – wie schon seit einiger Zeit am Standort.

EMAS, ISO 14001, ISO50001:2018: Die Liste an Zertifizierungen und freiwilligen Selbstverpflichtungen am Infineon Standort in Villach ist lang. Das neue F&E-Gebäude etwa wird von einem digitalen Zwilling begleitet, der einen Bereich virtuell abbildet, um die Gebäudetechnik über die Nutzungsdauer automatisiert und in Echtzeit zu optimieren. Auch in der neuen 300mmFabrik sind Investitionen in nachhaltige Anlagen in Umsetzung. Allein bei der Versorgung mit Kälte und Wärme werden so 30.000 Tonnen CO2-Emission pro Jahr eingespart. Die grüne Abwärme aus der Fertigung und den Versorgungssystemen wird rückgewonnen und zum Konditionieren der Produktions- und Reinräume als auch zum Heizen der Bürogebäude genutzt. Durch neueste Kälteanlagen kommen umweltschonendere Kühlmittel zum Einsatz, was sich auch auf der Stromrechnung widerspiegelt. Dabei wird ebenfalls die Abwärme der Kälteanlagen recycelt.

B&R-Geschäftsführer Hans Wimmer investierte zuletzt etwa in Photovoltaik. © B&R

3. B&R, Werk Eggelsberg: Die Sonnenanbeter

Photovoltaik ist – wie es scheint – ein Lieblingsprojekt der Eggelsberger.

Es ist noch gar nicht so lange her, da drehte die Schweizer Mutter ABB den Eggelsbergern den Geldhahn auf: Der Bau eines neuen Forschungszentrums wurde avisiert, 1000 neue Arbeitsplätze sollen bis 2022 entstehen. Und auch in luftiger Höhe tat sich was – vor allem für Freunde der subtilen Mehrung von Effizienz: Der Automatisierer nahm eine Photovoltaikanlage mit einer Spitzenleistung von einem Megawatt in Betrieb. Prognostizierter Jahresertrag: rund eine Million Kilowattstunden. Ein mehr als respektabler Wert – denn die Anlage schafft es mit einer Fläche von 7.500  Quadratmetern nicht nur in die Rankings der größten Eigenverbrauchsanlagen Österreichs. Der jährlich um 11.000 Tonnen reduzierte Ausstoß von CO2 bereitet auch den hart kalkulierenden Praktikern im Unternehmen angenehme Stunden. Bald gab es bei B&R Überlegungen, die Leistung der Photovoltaikanlage zu verdoppeln. „Die bestehende Ein-Megawatt-Anlage wurde um weitere 500 Kilowatt erweitert“, heißt es bei B&R. Zusätzlich wurde auf dem Neubau eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von rund 350 Kilowatt installiert. „Das ergibt im Endeffekt eine Gesamtleistung von rund 1,85 Megawatt“, so ein Sprecher.

Voerst noch auf Renderings zu sehen: Das für 2021 geplante nachhaltige Voestalpine-Edelstahlwerk in Kapfenberg © Voestalpine

4. Voestalpine, Werk Kapfenberg: Die Digitalen

Das Abwärme- und Wärmerückgewinnungskonzept im neuen Edelstahlwerk der Voestalpine hat Schauwert.

Wärme aus den Schmelzaggregaten wird in einem Heißwasserspeicher zwischengelagert. Von dort gelangt es in das interne Voestalpine-Fernwärmenetz – mit einem deutlichen Umwelteffekt: „Wir koppeln die Wärme großteils in das Netz der Stadt Kapfenberg aus“, erzählt Harald Buchgeher, verantwortlich für internationale Projekte bei der Voestalpine High Performance Metals. „Alternativ wird es werksintern genutzt, etwa zur Bereitstellung von Kälte“, so der Projektleiter. Das Ergebnis: Bis zu 22 Gigawatt stunden Fernwärme werden auf diese Weise pro Jahr eingespart. Auch Staub, Wärme und Lärm – drei ungeliebte Begleiter in Produktionen – werden so gut es geht verbannt. Rekordverdächtig das Entstaubungsvolumen von 3,8 Millionen Normkubikmetern pro Stunde, das im Edelstahlwerk dann bei der Entstaubung sämtlicher Schmelzaggregate sowie der Werkshallen zur Verfügung stehen wird. Die Kühlung der Produktionsanlagen im neuen Werk erfolgt über einen geschlossenen Kreislauf. Durch eine sogenannte Rückkühlanlage sinkt die Kühlwasserentnahme und -rückgabe in den nahen Thörlbach um mehr als 90 Prozent.

Nachhaltigkeit als Unternehmensgegenstand: Agrana-Fruchtsaftkonzentratswerk Gleisdorf ©Agrana

5. Agrana, Werk Pischelsdorf: Die Radikalen

Agrana hat aus Nachhaltigkeitsperspektive einige Stärkefelder.

Mit diesen Zahlen kann man jedem Benchmark standhalten: In der Zuckerproduktion Tulln wurden beim Energie bedarf pro Tonne seit dem Jahr 1990 mehr als 30 Prozent eingespart. Für das Nebenprodukt Futtermittel konnten in der Produktion durch die Installation von Niedertemperaturtrocknern 2012 zur Trocknung von Rübenpressschnitzeln mit Abwärme aus dem Zuckerproduktionsprozess sogar 80 Prozent Energie eingespart werden – eine Emissionseinsparung von über 200.000 Tonnen CO2. Doch auch in der Bioraffinerie Pischelsdorf fallen Rekorde: Durch die enge Integration der Weizenstärkeanlage und der Bioethanolanlage wird Getreide zu 100 Prozent verwertet. Nach Gewinnung von Weizenstärke und Weizengluten gehen die ungenutzt bleibenden Rohstoffbestandteile in die Bioethanolerzeugung – und in die Herstellung des gentechnikfreien Eiweißfuttermittels ActiProt. Letzteres ist deshalb bemerkenswert, weil es den EU-Import von rund 200.000 Tonnen gentechnisch verändertem Sojaschrot aus Übersee verhindert. Schließlich werden mit hochreinem CO2, das die benachbarte Anlage des Industriegaskonzerns Air Liquide aus den Gärtanks der Bioethanolanlage verflüssigt, am Standort Pischelsdorf aus einem Rohstoff mehrere hoch wertige Produkte hergestellt.

Henkel-Werk in Wien-Landstraße, Heimat der größten Produktionsstätte für Flüssigwaschmittel in Europa ©Henkel

6. Henkel, Werk Wien: Die Zertifikatesammler

Das Werk Wien-Landstraße ist eines der größten Flüssigwaschmittel-Werke im europäischen Henkel-Verbund – und ziemlich nachhaltig.

Am Standort Wien Erdberg betreibt Henkel seit mehr als 90 Jahren eine Produktionsstätte zur Herstellung von Wasch und Reinigungsmitteln. Die Jahrestonnage betrug im Jahr 2019 über 240.000 Tonnen. Dafür gab es Anerkennung in Form eines Zertifikats: Das Werk wurde für sein besonderes Umweltmanagement 2018 erstmals EMAS-zertifiziert, erst kürzlich erhielten die Wiener den positiven Bescheid zur Verlängerung. Zu den im Rahmen der Zertifizierung abgeschlossenen Projekten zählt unter anderem das Investment in eine neue Blasanlage für die Abfüllanlage. Die neue Maschine ist mit effizienteren Heizelementen ausgestattet, verbraucht weniger Druckluft und nutzt das Kühlwasser besser. Insgesamt konnte Henkel seinen Produktions-Output an dieser Abfüllanlage um 30 Prozent erhöhen und den Energieeinsatz in gleicher Höhe reduzieren.

Ein Hocheffizienzwerk auf die grüne Wiese gestellt: Maplan-Montage in Kottingbrunn ©Michele Pauty

7. Maplan, Werk Kottingbrunn: Die Papierlosen

Der Neubau auf der grünen Wiese ging beim Elastomermaschinenbauer Maplan mit besonders nachhaltigen Methoden einher.

Eine Photovoltaikanlage mit 200 Kilovoltampere deckt erstaunliche drei Viertel des Strombedarfs der Kottingbrunner. Der Boden des Bürotraktes als auch der Produktionsstätte ist mit einer Fußbodenheizung ausgestattet. Diese wird mittels Grundwasser-Wärmepumpe ökologisch geheizt oder gekühlt. Wer nach draußen schaut, erblickt saftiges Grün: 40 Prozent der Außenflächen sind begrünt und wer den mittels Brunnenwasser beregnet. Und viele Einzelprozesse wurden nach ökologisch sinnvollen Maßstäben umgekrempelt – Stichwort papierlose Fertigung. Aber auch Lackier- und Trockenkabine inklusive Wärmerückgewinnung. Durch neue Konservierungsmethoden der Lieferanten ist heute kein Teilewaschen der angelieferten Stahlkomponenten mehr notwendig. „Die Lieferanten liefern die Teile heute bereits trocken. Damit fallen im Gegensatz zu früher keine Konservierungsstoffe mehr für die Entsorgung an“, heißt es bei Maplan.

Grüner Daumen: Kapsch-Components-Produktionsleiterin Martina Szabo ©Kapsch Components

8. Kapsch Components, Werk Wien: Die Optimierer

Im Wiener Kapsch-Werk in der Gutheil-Schoder-Gasse 17 in Wien-Liesing nimmt man die Ressourceneffizienz ernst.

Was Martin Fichtner sagt, ist – darüber freut sich die Umwelt – Programm. „Wir arbeiten konsequent daran, den Ressourcenverbrauch und etwaige Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren“, so der Geschäftsführer bei Kapsch Components. Seit 2008 im Tech Park Vienna eingemietet, war ein Öko-Businessplan bald erstellt. Abdichtung der Gebäudehülle, neue frequenzgeregelte Zu- und Abluftsysteme, effiziente Druckluft: Zahlreiche Maßnahmen wurden umgesetzt. Im Zeit raum von 2010 bis 2016 wurden jährlich 1.000 Megawattstunden eingespart – die Energiekosten halbierten sich beinahe. 2019 betrug der Anteil der Stromkosten am Gesamtumsatz nur mehr 0,33 Prozent – 2009 waren es noch fast ein Prozent. Neben der Investition in energieeffizientere Anlagen half ein Bündel an Maßnahmen, den Verbrauch zu drücken: etwa die kontinuierliche Optimierung und Erneuerung von Klima- und Lüftungsanlagen sowie Optimierungen an der Gebäudehülle oder die Umstellung auf LED-Beleuchtung im Zuge der umgebauten Büro und Logistikflächen.

Ein grüner Musterbetrieb: Flex-Standortchef Erich Dörflinger am Shopfloor ©Flex

9. Flex, Werk Althofen:  Die Ökos

Im Althofener Flex-Werk leben nicht nur glückliche Bienen – es wird auch außerordentlich nachhaltig produziert.

350 Tonnen weniger CO2 dank Fernwärme mit erneuerbaren Energien, dazu Blumenwiesen am Firmengelände oder ein eigenes Recycling Center: Bei Flex in Althofen gibt es zahlreiche Maßnahmen zur Ressourcenschonung. Auch die Warmwasseraufbereitung mit Abwasser der Luftkompressoren ist so ein Beispiel. Das Warmwasser der Betriebsküche wird mit der Abwärme des 55Kilowatt-Hauptkompressors aufgeheizt. Das steigert den Gesamtwirkungsgrad der Drucklufterzeugung. Weitere Highlights am Althofener Produktionssitz: Neue Ladestationen für E-Autos, eine Regenwasserzisterne für die Bewässerung – und natürlich die acht am Betriebsgelände angesiedelten Bienenvölker.

Abfallfreie Produktion: Senoplast-Werk in Piesendorf ©beigestellt

10. Senoplast, Werk Piesendorf: Die Avantgardisten

Erstaunliche Umweltkonzepte finden sich in Piesendorf – gestern wie heute.

2010 hielten wir erstaunt fest, dass Senoplast bereits 3800 Einwohnern dank einer Kooperation mit dem Fernwärmeheizwerk Piesendorf Energie bereitstellt. Auch heute kann der Umweltbeauftragte des Unternehmens, Siegfried Lackner, auf Erfolge verweisen. In der Produktion fällt kein Abfall an, Randstreifen von Kunststoffplatten werden erst zerkleinert, ehe sie als Regranulat dem Produktionsprozess wieder zugeführt werden. Koordinierte Abfallströme, Wärmerückgewinnung und der Aufbau von Entsorgungsnetzwerken sind im Pinzgauer Familienunternehmen außerdem verankert. Und Altstoffe würden im Betrieb getrennt gesammelt, Altstoffpressen das Volumen weiter reduzieren. Ebenfalls erstaunlich: Bereits 2017 wurden 56 Prozent des Gesamt-Heizbedarfs am Standort Piesendorf durch Abwärme gedeckt.

Daniel Pohselt, April 2020, Industriemagazin

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